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Bundesamt für Naturschutz

Mustela lutreola - Europäischer Nerz

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1356
Artengruppierung
Sonstige Säugetiere
Status Rote Liste Deutschland
(Meinig et al. 2020): 0 (Ausgestorben)
Status Rote Liste Europa
(Temple & Terry 2007): EN (Stark gefährdet)

Beschreibung

Verschwundener Wassermarder

Der Europäische Nerz ist in Deutschland wie auch in ganz Mitteleuropa ausgestorben, die Gründe hierfür sind nicht abschließend geklärt. Neben einer starken Bejagung wegen seines wertvollen Pelzes, haben für das Verschwinden der Art wahrscheinlich auch industriell bedingte Gewässerverschmutzung und -ausbau sowie Nahrungsmangel entscheidende Rollen gespielt. Ursprünglich besiedelte die Art Europa von Nordspanien bis zum Ural und von Südfinnland bis nach Georgien. Der europäische Nerz lebt an naturnahen Gewässerufern, wo sich die Tiere hauptsächlich von kleinen Wirbeltieren, Krebsen und Insekten ernähren.

Der Europäische Nerz ist ein kleiner, 30-40 cm großer dunkel schokoladenfarbiger Marder mit schlanker, länglicher Körperform. Besonderes Kennzeichen der Art sind die weiße Ober- und Unterlippenfärbung.

Der Europäische Nerz ist überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Selten werden auch Tiere während der hellen Tagesstunden beobachtet. Der Europäische Nerz besetzt Reviere, die sich teilweise überlappen können. Männchen nutzen in Nordwestspanien Uferlängen von 6-8 km, Weibchen nur von 0,6-3,6 km (Garin et al. 2002). Die Uferbereiche werden in einer Breite von 50-100 m genutzt (Stubbe 1993). Europäische Nerze bewegen sich schnell durch das Gelände und stöbern dabei ihre Beute, hauptsächlich Amphibien, auf. Außer Amphibien werden auch alle Wirbeltiere gefressen, die der Nerz überwältigen kann, sowie Krebse und größere Insekten. Bei reichhaltigem Nahrungsangebot können Europäische Nerze Nahrungsvorräte von bis zu 15 kg anlegen.

Lebensraum

Der Europäische Nerz ist eng an Gewässer mit natürlichen oder naturnahen Ufern oder andere ausgedehnte feuchtigkeitsgeprägte Lebensräume wie Bruchwälder oder Sümpfe gebunden. Wesentlich für den Nerz ist das Vorhandensein geeigneter Versteckmöglichkeiten wie Uferhöhlen, Baumstubben und Ähnliches sowie eine ausreichende Nahrungsgrundlage. Den größten Anteil an der Nahrung stellen Amphibien, auch während des Winters (Sidorovich 2000). Deshalb bevorzugt der Europäische Nerz Gebiete, in denen die Gewässer im Winter nicht oder zumindest nicht vollständig zufrieren.

Fortpflanzung/Biologie

Die Jungen des Europäischen Nerzes kommen Ende Mai bis Anfang Juni nach einer Tragzeit von 40-45 Tagen zur Welt. Schon im Alter von 56-70 Tagen unternehmen die Tiere erste Jagdausflüge mit der Mutter, mit der sie bis September/Oktober zusammenleben. Im Alter von 10 Monaten werden sie selbst geschlechtsreif (alle Angaben nach Stubbe 1993). Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung sollten in Vorkommensgebieten der Art erst ab Mitte August durchgeführt werden, um den Verlust noch nicht fluchtfähiger Jungtiere zu vermeiden.

Landnutzungsaktivitäten sollten im Vorkommensgebiet des Europäischen Nerzes nicht in Uferbereichen (50-100m breite Fläche um die jeweiligen Gewässer) durchgeführt werden. Aufgrund der geringeren Flexibilität in der Nahrungswahl gegenüber dem Amerikanischen Nerz (Sidorovich 2000) sollten insbesondere in den Wintermonaten Störungen vermieden werden.

Die Art ist hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Über das Höchstalter liegen nur Untersuchungen aus dem Petersburger Raum vor, bei denen knapp ein Sechstel der Tiere älter als drei Jahre waren. In Gefangenschaft brachten Weibchen noch im Alter von vier Jahren Junge zur Welt.

Gefährdung

Der Europäische Nerz ist insbesondere durch Gewässerunterhaltungs- und Gewässerausbaumaßnahmen gefährdet. Daneben können Einleitungen von Abwasser aus Haushalten und Industrie seine Nahrungsgrundlage verringern. Die Situation des Europäischen Nerzes wird in Teilen der noch verbliebenen Vorkommensgebiete durch die Ansiedlung von aus Pelztierfarmen stammenden Individuen des Amerikanischen Nerzes oder Mink (Neovison vison) weiter verschärft z.B. Mitchell-Jones et al. 1999).

Neben der Bejagung waren die Gewässerverschmutzung und –begradigung sowie Trockenlegung und Entwaldung von Feuchtgebieten zu Beginn der Industrialisierung um 1850 vermutlich die Hauptgründe für das Verschwinden der Art. Eine abschließende Bewertung der möglichen Faktoren liegt nicht vor. Möglicherweise treten regional zusätzliche, bisher noch nicht erkannte Faktoren hinzu. Heutzutage trägt die Ausbreitung des Minks (Neovison vison) zur Verdrängung der Art bei. Weiterhin ist auch die genetische Verarmung der europäischen Restvorkommen ein großes Problem.

Schutz

Eine Wiederansiedlung erscheint schwierig, da die Faktoren, die zum Aussterben der Art in Mitteleuropa geführt haben, nicht in größeren Landschaftsräumen rückgängig gemacht werden können und nicht in allen Details geklärt sind. Zudem ist der konkurrierende und den Europäischen Nerz verdrängende Mink bereits weiträumig etabliert.

Erhaltungsmaßnahmen

  • Verzicht auf Gewässerausbau in Vorkommensgebieten
  • Beschränkung von Gewässerunterhaltungsmaßnahmen auf eine Zeit ab Mitte August, da die Jungtiere dann nicht mehr an den Wurfbau gebunden sind
  • Keine Einleitung von Abwässern in Gewässer, an denen der Europäische Nerz lebt

Am Steinhuder Meer (Niedersachsen) und im Saarland wird versucht den Nerz mit aus Gefangenschaftszuchten stammenden Tieren wieder anzusiedeln. Diese Wiederansiedlungsversuche werden von manchen Säugetierkundlern abgelehnt (z.B. Meinig & Boye 2004). www.euronerz.de.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Christian Seebass
EuroNerz e.V.
Kleine Gildewart 3
49074 Osnabrück

Autoren

Holger Meinig

Unter Mitarbeit von

Karola Gießelmann

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