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Bundesamt für Naturschutz

FFH Bericht 2019

Mit dem vierten Nationalen Bericht (Berichtsperiode 2013 - 2018) gemäß Art. 17 FFH-Richtlinie wird zum dritten Mal ein umfassender Bericht über den Erhaltungszustand der Lebensraumtypen und Arten der FFH-Richtlinie vorgelegt. Der Nationale Bericht 2019 beinhaltet die Bewertung der Erhaltungszustände von 93 Lebensraumtypen, 199 Einzelarten sowie vier Artengruppen. Zum zweiten Mal (erstmalig 2013) konnten umfangreiche Ergebnisse des bundesweiten FFH-Monitorings gemäß Art. 11 FFH-Richtlinie für die Lebensraumtypen des Anhangs I sowie der Arten der Anhänge II und IV in den FFH-Bericht einfliessen. Damit basiert der Nationale Bericht auf einer sehr umfangreichen, bundesweit einheitlich erhobenen Datengrundlage.

Ergebnisübersicht

Übersicht zur Bewertung der Erhaltungszustände der Lebensraumtypen

Es wurden über die drei biogeografischen Regionen insgesamt 195 Bewertungen des Erhaltungszustands der Lebensraumtypen vorgenommen, wobei zahlreiche der 93 Lebensraumtypen in mehreren Regionen auftreten.

Die Bewertung des Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen basiert auf Einzelbewertungen zu den Parametern "Verbreitungsgebiet", "Fläche", "Spezifische Strukturen und Funktionen" sowie "Zukunftsaussichten". Diese vier Parameter werden jeweils als "günstig" (grün/ FV), "ungünstig-unzureichend" (gelb/U1) oder "ungünstig-schlecht" (rot/U2) bewertet bzw. bei nicht ausreichenden Daten als "unbekannt" (grau/XX) eingestuft. 

Übersicht zur Bewertung der Erhaltungszustände der Arten

Es wurden über die drei biogeografischen Regionen insgesamt 365 Bewertungen des Erhaltungszustands von Arten sowie 11 Bewertungen von Sammelarten vorgenommen (zusammen 376 Bewertungen), wobei zahlreiche Arten bzw. Sammelarten in mehreren Regionen auftreten. Insgesamt wurden 195 Arten und vier Sammelarten bewertet.

Unter Einbeziehung der Sammelarten (Rentierflechten, Bärlappe, Torfmoose sowie Fischarten des Coregonus- lavaretus-Formenkreises) ergeben sich folgende Anzahlen bewerteter Taxa pro Region: atlantisch: 110, kontinental: 183, alpin: 83.

Die Bewertung des Erhaltungszustandes der Arten basiert auf Einzelbewertungen zu den Parametern "Verbreitungsgebiet", "Population", "Habitat" sowie "Zukunftsaussichten" (vgl. Methodik des Berichts). Diese vier Parameter werden jeweils als "günstig" (grün/ FV), "ungünstig-unzureichend" (gelb/U1) oder "ungünstig-schlecht" (rot/U2) bewertet bzw. bei nicht ausreichenden Daten als "unbekannt" (grau/XX) eingestuft.

Übersicht zur Bewertung der Erhaltungszustände der Lebensraumtypen nach Formationen und biogeografischen Regionen

Die Binnengewässer weisen in der atlantischen und der kontinentalen biogeografischen Region keinen einzigen Lebensraumtyp (LRT) mit günstigem Erhaltnugszustand auf. Auch im Grünland sind in der atlantischen biogeografischen Region keine LRT mit günstigem Erhaltungszustand vorhanden. In der kontinentalen biogeografischen Region ist nur ein Lebensraumtyp (6150) im günstigen Erhaltungszustand. Ebenfalls in einem ungünstigen Erhaltungszustand sind alle LRT der Meere und Küste in der kontinentalen Region.

Ein ungünstiger Erhaltungszustand liegt außerdem für fast alle Lebensraumtypen der Moore, Sümpfe und Quellen für die atlantische und die kontinentale Region vor (Feuchtlebensräume des Offenlandes). Eine Ausnahme bilden in der kontinentalen Region die Kalktuffquellen (7220).

Positiv fallen hingegen die Felsen und Schutthalden auf, bei denen für alle LRT in der kontinentalen Region die Bewertungen des Erhaltungszustands als günstig eingestuft wurden.

in der alpinen Region konnten die LRT der Heiden und Gebüsche, der Felsen und Schutthalden und fast alle Wälder als günstig bewertet werden. Kritisch ist aber auch in den Alpen die Situation der meisten Grünland-LRT.

Für diese Übersicht wurden Lebensraumtypen-Gruppen nach Formationen gebildet. In den Formationen finden sich folgende Lebensraumtypen wieder (angegeben sind die EU-Codes der Lebensraumtypen):

  • Meere und Küsten: LRT-Gruppen 1xxx (ohne 1340), 2xxx (ohne 2180 und 23xx)
  • Binnengewässer: LRT-Gruppe 3xxx
  • Felsen und Schutthalden: LRT-Gruppe 8xxx, ohne 8340
  • Gletscher: nur LRT 8340
  • Grünland: LRT-Gruppe 6xxx, inkl. 2330
  • Heiden und Gebüsche: 2310, 2320, LRT-Gruppen 4xxx, 5xxx
  • Moore, Sümpfe und Quellen: LRT-Gruppe 7xxx inkl. 1340
  • Wälder: LRT-Gruppe 9xxx, inkl. 2180

Übersicht über die Gesamttrends der Erhaltungszustände

Zusätzlich zu den Erhaltungszuständen wurden im FFH-Bericht 2019 Gesamttrends angegeben, die die Entwicklung der Erhaltungszustände der Schutzgüter angeben. Die Gesamttrends werden aus den Kurzzeittrends der Einzelparameter direkt abgeleitet. Damit werden Entwicklungen der Lebensraumtypen und Arten aufgezeigt, bevor es zu einer Veränderung des Erhaltungszustands kommt.

Übersicht über Zahlenangabe und Status erstmals im FFH­ Bericht enthaltener Arten und Lebensraumtypen

Im nationalen Bericht 2019 wurden die Erhaltungszustände von 93 Lebensraumtypen und 195 Arten sowie 4 Artengruppen bewertet. Darunter befinden sich sieben Arten die im Vergleich zum Bericht 2013 in mindestens einer biogeografischen Region neu bzw. wiedergefunden worden sind. Eine Art wurde in der alpinen Region 2007 und 2013 irrtümlich berichtet und wird in diesem Bericht nicht mehr bewertet. Zudem wurden vier Coregonus-Arten, die 2013 separat bewertet wurden, dem Coregonus-lavaretus Formenkreis zugeordnet.

Bei den Lebensraumtypen kam im Bericht 2019 erstmals die Bewertung der Typen 3190 „Gipskarstseen auf gipshaltigem Untergrund“ und 8220 „Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation“ in der atlantischen Region und der Typ 9430 „Montaner und subalpiner Pinus uncinata-Wald(* wenn auf Gips- oder Kalksubstrat), d.h. der Berg-Kiefernwälder auf mineralischen Böden in der alpinen Region hinzu.
Deutscher Artname Wissenschaftlicher Artname Region Erläuterung
Scharlachkäfer Cucujus cinnaberinus ATL In Berichtsperiode 2013-2018 wurde die Nachweismethode verbessert (Larvensuche) und es gibt Hinweise auf eine Ausbreitung
Sandfelchen Coregonus arenicolus KON 2013 separat bewertet. Wurde dem Coregonus lavaretus-Formenkreis zugeordnet. Erweiterung der Artengruppe aufgrund schlechter Datenlage in anderen EU-Ländern.
Gangfisch Coregonus macrophtalmus KON 2013 separat bewertet. Wurde dem Coregonus lavaretus-Formenkreis zugeordnet. Erweiterung der Artengruppe aufgrund schlechter Datenlage in anderen EU-Ländern.
„Ostsee-Schnäpel“ Coregonus marena KON 2013 separat bewertet. Wurde dem Coregonus lavaretus-Formenkreis zugeordnet. Erweiterung der Artengruppe aufgrund schlechter Datenlage in anderen EU-Ländern.
Blaufelchen Coregonus wartmanni KON 2013 separat bewertet. Wurde dem Coregonus lavaretus-Formenkreis zugeordnet. Erweiterung der Artengruppe aufgrund schlechter Datenlage in anderen EU-Ländern.
Bitterling Rhodeus amarus ALP Die Art wurde in den vorherigen Berichten irrtümlich bewertet.
Stromgründling Romanogobio belingi ATL Erstmals berichtet aufgrund verbesserter Kenntnisse.
Regensburger Gelbling Colias myrmidone KON Status „Species extinct after entry into force of the Habitats Directive”. Reduzierter Bericht durch RL vorgegeben.
Goldener Scheckenfalter Euphydryas aurinia ATL Wiederansiedlungsprojekt der Art im Rahmen eines LIFE- Projektes. Reduzierter Bericht.
Wisent Bison bonasus KON Wiederansiedlungsprojekt der Art während der Berichtsperiode. Reduzierter Bericht.
Alpenfledermaus Hypsugo savii KON verbesserte Kenntnisse
Europäischer Nerz Mustela lutreola ATL Wiederansiedlungsprojekt der Art während der Berichtsperiode. Reduzierter Bericht.

 

Vollständige Berichtsdaten

Aus besonderen Schutzgründen werden für bestimmte Arten keine Verbreitungskarten angezeigt.
Tierarten
Amphibien alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Käfer alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Fische (ohne Wanderfische) alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Wanderfische   atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Schmetterlinge alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Säugetiere (ohne Fledermäuse) alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Fledermäuse (A-N) alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Fledermäuse (P-V) alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Weichtiere alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Libellen alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Reptilien alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Sonstige Tierarten alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte

 

Bei Liparis loeselii (atlantische biogeografische Region) wurde die Populationsgröße in der EU-Einheit (Datenfeld 6.2) nachträglich gegenüber der Übermittlung der Daten an die EU korrigiert.
Pflanzenarten
Moose und Flechten alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Gefäßpflanzen alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte

 

Lebensraumtypen
Meere und Küsten   atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Binnengewässer alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Heiden und Gebüsche alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Grünland alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Moore, Sümpfe und Quellen alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Felsen und Schutthalden alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte
Gletscher alpin     Verbreitungskarte
Wälder alpin atlantisch kontinental Verbreitungskarte

Erläuterungen zu den Lebensraumtypengruppen:

Meere und Küsten: LRT-Gruppen 1 und 2 (ohne Binnenlandsalzstellen, Küstenwälder)
Binnengewässer: LRT-Gruppe 3
Heiden und Gebüsche: LRT 2310 und 2320 sowie LRT-Gruppen 4 und 5
Grünland: LRT-Gruppe 6 sowie LRT 2330
Moore, Sümpfe und Quellen: LRT-Gruppe 7 sowie LRT 1340 (Binnenlandsalzstellen)
Felsen und Schutthalden: LRT-Gruppe 8 (ohne Gletscher)
Gletscher: LRT 8340
Wälder: LRT-Gruppe 9 sowie LRT 2180 (Küstenwälder)

Methodik und Ablauf der Berichtserstellung

Die Erhebung der Daten zu Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie sowie die Bewertung des Zustands ihrer Einzel-Vorkommen obliegt im föderalen System Deutschlands den Bundesländern.

  1. Für die Erstellung eines nationalen Berichts werden die Daten der Länder von den Länderministerien bzw. -fachbehörden an das Bundesamt für Naturschutz (BfN) geliefert.
  2. Das BfN aggregiert im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) die Daten und erarbeitet einen Berichtsentwurf einschließlich der Bewertung des Erhaltungszustands von Arten und Lebensraumtypen auf Ebene der biogeografischen Regionen in Deutschland ab.
  3. Die Berichtsentwürfe des BfN werden auf sogenannten Bewertungskonferenzen zu den einzelnen biogeografischen Regionen bzw. thematischen Bereichen mit den Ländern diskutiert und abgestimmt.
  4. Es folgt eine Ressortabstimmung des Nationalen Berichts zwischen dem BMU und weiteren einzubeziehenden Bundesministerien, bevor die Berichtsdaten in elektronischer Form an die EU übermittelt werden.
  5. Die EU erstellt aus den Berichten der einzelnen Mitgliedsstaaten dann innerhalb von zwei Jahren einen Gemeinschaftsbericht.

Datenquellen und Methodik der Erfassung und Bewertung

Die Daten zu Arten und Lebensraumtypen, deren Erhaltungszustand im Nationalen FFH-Bericht zu bewerten ist, stammen aus verschiedenen Quellen:

Erfassung durch Bundesländer

Die Erfassungen der Vorkommen durch verschiedene Kartierprogramme der Bundesländer bilden die Basis, die eine räumliche Verortung von Artpopulationen und vorhandenen Lebensraumtypenflächen einerseits sowie die Erhebung zugehöriger Sachdaten andererseits beinhalten. 

Die Lage der Vorkommen wird durch Nummern der TK25-Kartenblätter (Topografische Karten 1:25.000), in denen sie verortet sind, festgehalten. Zum Teil erfolgt die Verortung noch genauer durch Angabe von TK25-Quadranten oder Koordinaten. Die Sachdaten umfassen Angaben der Länder zu den Parametern „Verbreitungsgebiet“ sowie „Population“ und „Habitat“ (Arten) bzw. „Fläche“ und „Spezifische Strukturen und Funktionen“ (Lebensraumtypen) sowie „Zukunftsaussichten“. 

Außerdem liefern die Länder Einschätzungen zu aktuellen Beeinträchtigungen und zukünftig voraussichtlich wirksamen Gefährdungen. Um eine standarisierte Eingabe der für die Parameter gefragten Einzelangaben zu ermöglichen, steht den Ländern eine sogenannte „Elektronische Ausfüllhilfe“ (Eingabeprogramm mit Datenbank) zur Verfügung. Die Vorkommensdaten werden mittels eines Geografischen Informationssystems (GIS) verarbeitet.

Sonderarbeitsgruppen für Wanderfische, Wolf, Luchs

Die Berichtsentwürfe für einzelne Artengruppen wurden unter Leitung des BfN durch besondere Arbeitsgruppen erarbeitet. Dies trifft auf die Gruppe der Wanderfische (Fischarten, die zu ihren Laichgewässern weite Strecken wandern wie z.B. der Lachs) sowie auf die in Deutschland vorkommenden großen Raubsäugetiere Wolf und Luchs zu. 

Die Arbeitsgruppe zu den Wanderfischen setzte sich aus Expertinnen und Experten der Länder sowie von diesen und dem BfN zusätzlich beauftragten/eingeladenen Personen zusammen. Die Arten Wolf und Luchs wurden durch den Arbeitskreis der im Monitoring von Großraubtieren besonders erfahrenen Personen bearbeitet. 

Diese Fachleute trafen sich für den Nationalen Bericht auf Einladung des BfN als Sonderarbeitsgruppen, um ihre Ergebnisse zu diskutieren und zu Bewertungen der Einzelparameter sowie des daraus ermittelten Erhaltungszustandes der Arten zu gelangen. Im Zuge dieser Treffen einigten sich die Sonderarbeitsgruppen weiterhin auf Vorkommenskarten und wichtige Faktoren der Beeinträchtigungen und Gefährdungen.

FFH-Monitoring

Seit dem Nationalen Bericht 2013 wurde erstmals auf umfangreiche zusätzliche Daten eines neu etablierten und bundesweit einheitlichen FFH-Monitorings der Lebensraumtypen sowie Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie zurückgegriffen werden. Dessen Fachkonzept sieht die Erfassung häufiger Schutzgüter über je 63 Stichproben-Vorkommen pro biogeografischer Region vor. Seltene Lebensraumtypen und Arten werden dagegen über alle ihre bekannten Vorkommen erfasst (Totalzensus). 

Methodik, Untersuchungsumfang und Schwellenwerte für die Bewertung der einzelnen Vorkommen sind in Bewertungsschemata festgelegt, die von Bund, Ländern und weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet wurden. Die Ergebnisse der Bewertung dieser Probeflächen wird bei den Lebensraumtypen in die Bewertung des Parameters "Spezifische Strukturen und Funktionen", bei den Arten in die Bewertung der Parameter "Population" und "Habitat" einbezogen. 

Durch die standardisierte Datenerfassung lassen sich nach mehreren Erhebungsdurchgängen auch Trendanalysen vornehmen. Bisher wird das FFH-Monitoring in der atlantischen sowie der kontinentalen biogeografischen Region umgesetzt. Die Übertragung auf die alpine Region steht noch aus. 

Bundeswaldinventur

Weitere wertvolle Daten liefert die Bundeswaldinventur (BWI), wodurch seit der dritten BWI 2012 erstmals Informationen aus einer forstlichen Großrauminventur systematisch in die FFH-Berichterstattung eingeflossen sind. 

Für die häufigen Waldlebensraumtypen (WLRT) der Hainsimsen- (EU-Code 9110) und Waldmeister-Buchenwälder (9130) in der atlantischen sowie der kontinentalen biogeografischen Region und ferner die Sternmieren- (9160) und Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder (9170) sowie die bodensauren Nadelwälder (9410) in der kontinentalen biogeografischen Region werden aus der BWI Eingangsdaten zur Bewertung des Parameters „Spezifische Strukturen und Funktionen“ gewonnen, die in den Berichtsentwurf einfließen. 

Zudem können bei weiteren WLRT, die durch das FFH-Monitoring untersucht werden, BWI-Daten berücksichtigt werden. Die BWI arbeitet auf einem systematischen Stichprobenraster (Rasterweite 4 x 4 km, regionale Verdichtungen auf 2,83 x 2,83 km bzw. 2 x 2 km), wobei an jedem Rasterschnittpunkt ein quadratischer Inventurtrakt mit 150 m Kantenlänge angelegt ist. An den Traktecken werden Kenngrößen der Merkmalsgruppen „Arteninventar“, „Habitatstrukturen“ und „Beeinträchtigungen“ erfasst. Die Kriterien zur Ansprache der WLRT, die Bewertungsschemata für die genannten Merkmalsgruppen sowie die Aggregationsregeln zur Zusammenführung der Bewertungen für den Parameter „Spezifische Strukturen und Funktionen“ sind zuvor in einem gemeinsamen Methodenpapier zwischen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dem BfN und dem Thünen-Institut für Waldökosysteme abgestimmt worden. 

Datenaggregation und Berichtsentwurf

Die aus den vorstehend genannten Quellen stammenden Vorkommens- und Sachdaten zu Arten und Lebensraumtypen der Anhänge der FFH-Richtlinie werden durch das BfN im Zuge einer Qualitätssicherung auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft und in umfangreichen Datenbanken zusammengeführt. Die aggregierten Vorkommensdaten bilden den Ausgangspunkt für die regelbasierte Abgrenzung der Verbreitungsgebiete der Arten und Lebensraumtypen und ihrer Abbildung in deutschlandweiten Karten. 

Die aggregierten Sachdaten werden zur Ableitung der Bewertungsvorschläge des BfN zu den Parametern "Verbreitungsgebiet" sowie "Population" und "Habitat" (Arten) bzw. "Fläche" und "Spezifische Strukturen und Funktionen" (Lebensraumtypen) und "Zukunftsaussichten" herangezogen und in Berichtsentwürfen für die verschiedenen biogeografischen Regionen (atlantisch, kontinental und alpin) zusammengestellt.

Berichtsabstimmung

Die Bewertungsvorschläge werden in einem nächsten Schritt auf sogenannten Bewertungskonferenzen mit den Länderministerien und -fachbehörden des Naturschutzes diskutiert. 

Die Konferenzen fanden vom 15. – 19. Oktober 2018 für die atlantische biogeografische Region, vom 28. – 30. Januar 2019 für die alpine Region und vom 11. – 15. März 2019 für die kontinentale Region statt. 

Die Bewertungen zu den einzelnen Parametern sowie zum Erhaltungszustand, auf die sich die Teilnehmenden der Konferenzen einigen, fanden Eingang in den vorläufig abschließenden Nationalen Bericht 2019, der abschließend die Ressortabstimmung zwischen dem BMU und weiteren einzubeziehenden Bundesministerien durchlief.

Elektronische Berichtsübermittlung und EU-Gemeinschaftsbericht

Im Anschluss an die Ressortabstimmung erfolgte am 02. Juli 2019 die elektronische Übermittlung des Nationalen Berichts durch das BfN an die EU. Auf EU-Seite durchliefen die Daten eine technische und inhaltliche Prüfung durch das Europäische Themenzentrum für Biodiversität (ETC/BD). Auf dessen Prüfbericht hin wurden letzte Korrekturen vorgenommen, bevor der Nationale FFH-Bericht 2019 in endgültiger Form erneut am 30. August 2019 elektronisch an die EU übermittelt wurde. 

Die EU erstellt auf Basis der Nationalen Berichte ihrer einzelnen Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren einen sogenannten Gemeinschaftsbericht.

Vorgaben der Europäischen Kommission für die Erstellung des nationalen FFH-Berichts 2019

Berichtsformat

Das Format, in dem die Mitgliedsstaaten die Daten der nationalen Berichte nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie liefern, wird durch die Europäische Kommission vorgegeben. Diese Formatvorgaben dienen dem Ziel, die nationalen Berichte zu standardisieren und die spätere Zusammenführung der Einzelberichte zum EU-Gemeinschaftsbericht zu vereinfachen.

Das aktuelle Formular für den Berichtszeitraum 2013-2018 (DocHab-17-05/02) wurde unter Beteiligung der Mitgliedsstaaten und des Habitatausschusses im Mai 2017 verabschiedet  und ist damit für den Bericht 2019 verbindlich. In den Anhängen A bis E zum Dokument sind die für den Bericht notwendigen Daten und verbindliche Vorgaben für die Bewertung (u. a. Bewertungsmatrices) konkretisiert.

Für die Umsetzung der Vorgaben in Deutschland erfolgten enge Abstimmungen zwischen dem Bund und den Ländern.

Guidance-Dokument (Anleitung zur Berichtserstellung)

Zur Anleitung und Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Erstellung der nationalen Berichte hat die EU-Kommission weiterhin ein sogenanntes Guidance-Dokument Reporting under Article 17 of the Habitats Directive: Explanatory Notes & Guidelines for the period 2013-2018 (Final Version, May 2017) veröffentlicht, das zuvor vom Habitatausschuss verabschiedet worden war.

Das nur in englischer Sprache verfügbare Dokument erläutert in den Kapiteln II-V die Konzepte und Methoden zur Bewertung des Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen und Arten der FFH-Richtlinie und bietet in Kapitel VI eine detaillierte schrittweise Anleitung zur Berichtserstellung nach den Formatvorgaben der EU-Kommission. Beispiele in den Anhängen des Guidance-Dokumentes illustrieren das Vorgehen.

Historie

Für den FFH-Bericht 2013 galten noch das alte Berichtsformat (DocHab-11-05/03) und das zugehörige Guidance-Dokument (Assessment and Reporting under Article 17 of the Habitats Directive: Explanatory Notes & Guidelines).

EU-Referenzportal

Weitere EU-weit verbindliche Referenzen zum FFH-Bericht 2019 befinden sich auf dem Art. 17 Reference Portal (z. B. Checklisten Arten und Lebensraumtypen, Referenzen zu Beeinträchtigungen/Gefährdungen etc.).

Biogeografische Regionen

Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen wird von den Mitgliedstaaten für jede biogeografische Region getrennt bewertet. Die biogeografischen Regionen sind als Bezugsräume erforderlich, um in angemessener Weise das europäische Gesamtareal mit seinen naturräumlichen Unterschieden berücksichtigen zu können.

So wird der Erhaltungszustand z. B. für einen Lebensraumtyp, der über die Fläche Deutschlands verbreitet vorkommt, jeweils für die alpine, atlantische und kontinentale Region getrennt bewertet. 

Allgemeiner Berichtsteil (Anhang A)

Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, in einem allgemeinen Berichtsteil Informationen zum Stand der Umsetzung der FFH-Richtlinie bereitzustellen. Im Einzelnen sind Angaben zu folgenden Punkten erfolgt (Anhang A):

  1. Wichtige Erfolge der Umsetzung der FFH-Richtlinie (textliche Darstellung)
  2. Allgemeine Informationsquellen zur Umsetzung der FFH-Richtlinie (Angabe der Fundstellen in den Informationsangeboten der Länder zu z.B. Schutzgebietsnetz, Monitoringprogramm, Artenschutzmaßnahmen, Auswirkungen durchgeführter Maßnahmen, rechtliche Umsetzung)
  3. Ausweisung von FFH-Gebieten (statistische Angaben zum Ausweisungsstand)
  4. Erhaltungsmaßnahmen und Managementpläne für FFH-Gebiete (statistische Angaben zum Umsetzungsstand)
  5. Ergriffene Maßnahmen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Plänen und Projekten (Auflistung der Pläne und Projekte)
  6. Ergriffene Maßnahmen zur Gewährleistung der Kohärenz des Netzes (textliche Darstellung)
  7. Wiederansiedlung von Arten des Anhangs IV (Auflistung der Wiederansiedlungsprojekte)

Bewertung des Erhaltungszustands für Arten und Lebensraumtypen

Die Bewertung des Erhaltungszustands erfolgt bei den Arten anhand der Zusammenführung von Einzelbewertungen der vier Parameter "Aktuelles Verbreitungsgebiet", "Population", "Habitat der Art" und "Zukunftsaussichten". Bei Anhang-V-Arten sind zusätzlich Informationen zur Entnahme oder Nutzung der jeweiligen Art notwendig. Die Kriterien zur Bewertung der Parameter sind in Anhang B des Berichtsformates vorgegeben.

Bei den Lebensraumtypen sind die Parameter "Aktuelles Verbreitungsgebiet", "Aktuelle Fläche", "Spezifische Strukturen und Funktionen" und "Zukunftsaussichten" nach den in Anhang D definierten Kriterien zu bewerten und werden anschließend zur Bewertung des Erhaltungszustands aggregiert.

Das Berichtsformat der EU gibt für die Bewertung der Parameter bei den Arten (Anhang C) und den Lebensraumtypen (Anhang E) jeweils eine allgemeine Matrix vor. Hierin werden die Parameter nach wenigen Hauptkriterien den drei Bewertungsstufen "günstig [grün]", "ungünstig-unzureichend [gelb]" und "ungünstig-schlecht [rot]" zugeordnet (sog. Ampelschema).

Ermöglicht die Datenlage keine exakte Bewertung der Parameter, so werden diese als "unbekannt [grau]" eingestuft. Die Mitgliedsstaaten konkretisieren die allgemeine Bewertungsmatrix durch detaillierte art- bzw. lebensraumbezogene Bewertungsschemata mit Grenz- und Schwellenwerten für jedes Kriterium, anhand derer sie die Parameter nach dem Ampelschema einstufen. Die Gesamtbewertung des Erhaltungszustandes, also die Aggregation der vier Einzelparameterbewertungen, folgt festen Regeln:

Grundsätzlich ist der schlechteste Einzelwert maßgeblich. Der Erhaltungszustand ist nur dann günstig, wenn alle vier Parameter mit "grün" bewertet werden oder drei Parameter mit "grün" und einer als "unbekannt" gilt.

Beurteilung der hauptsächlichen Gründe der Veränderung des Erhaltungszustands von Arten und Lebensraumtypen

Im Juni 2013 wurde von der EU der sogenannte „Audit Trail“ für den Erhaltungszustand eingeführt. Er hat das Ziel, Veränderungen des Erhaltungszustandes sowie ab dem Bericht 2019 auch des Aktuellen Verbreitungsgebietes (Lebensraumtypen und Arten) bzw. der Aktuellen Fläche (Lebensraumtypen) und der Population (Arten) zwischen dem jeweils aktuellen Bericht und dem vorangegangenen Bericht zu beurteilen. Die aktuell vier Beurteilungskategorien geben Auskunft über die Art der Veränderung und sind inzwischen fester Bestandteil des Berichtsformates.

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