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Bundesamt für Naturschutz

Häufig gefragt: EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law)

Als zentraler Baustein der EU Biodiversitätsstrategie 2030 ist die europäische Verordnung über die Wiederherstellung der Natur am 18.08.2024 in Kraft getreten. Die Verordnung enthält verbindliche Vorgaben und Ziele, die für die Mitgliedstaaten direkt und unmittelbar verpflichtend sind. Zur Verordnung, insbesondere zu einzelnen Wiederherstellungszielen, werden in der öffentlichen Debatte viele Fragen gestellt. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stellt hiermit zu einzelnen besonders relevanten Fragen Informationen bereit. Aus Sicht des BfN ist die EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur ein sehr wichtiges Instrument, um dem aktuellen Biodiversitätsverlust entgegenzutreten, unsere Ökosysteme widerstandsfähiger zu machen und den natürlichen Klimaschutz zu stärken.
Gruppe von Umweltschützern hält Pflanzen in der Hand - Vogelperspektive
Einbeziehung und Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteursgruppen ist für erfolgreiche Wiederherstellungsmaßnahmen entscheidend

Wissenschaftliche Erkenntnisse stützen die Ziele der neuen Verordnung. 6.000 Wissenschaftler*innen unterzeichneten ein Papier, das die Wiederherstellungsverordnung als unverzichtbaren Beitrag zur Ernährungssicherheit in Zeiten des Klimawandels benennt. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen veröffentlichte zudem eine ausführliche Stellungnahme, in der die Wichtigkeit der Renaturierung und die Bedeutung dieser Verordnung begründet wird. Intakte Ökosysteme sind dabei essentiell für ein nachhaltiges Wirtschaften. Aus diesem Grund fordern auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände nachdrücklich, wirksame Maßnahmen gegen den Biodiversitätsverlust und den Klimawandel zu ergreifen. 

Die erfolgreiche Durchführung der Wiederherstellungsverordnung ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und bedarf der Synergien und Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Landnutzung. Ein öffentlicher Beteiligungsprozess ist für alle relevanten Akteursgruppen vorgesehen. Dazu werden ab Frühjahr 2025 verschiedene, zum Teil ressortübergreifende Beteiligungsformate angeboten. 

Müssen bis 2030 auf zusätzlichen 20 % der Land- und Meeresflächen in Deutschland verpflichtend neue Schutzgebiete eingerichtet werden?

Bezug: Artikel 1 

Nein. Primär sollen künstliche Hindernisse beseitigt werden, die nicht mehr gebraucht werden. Auf Grundlage eines Inventars, welches durch die Mitgliedstaaten erstellt wird, sollen obsolete Barrieren beseitigt werden, die vor allem nicht mehr für die Energieerzeugung, Schifffahrt, Wasserversorgung oder den Hochwasserschutz benötigt werden. Unter anderem können Fische hierdurch wieder frei wandern und die Artenvielfalt und die Wasserqualität der Flüsse können verbessert werden. Mit der Wiederherstellung des guten ökologischen Zustands der Gewässer und der Konnektivität von Flüssen und Auen wird auch der natürliche Wasserrückhalt und der Hochwasserschutz unterstützt. Ziel ist es, europaweit 25.000 km freifließende Flüsse zu schaffen und Auen zu renaturieren. 

Müssen alle Ökosysteme in den Zustand von vor 70 Jahren zurückversetzt werden?

Bezug: Artikel 4 und Artikel 5

Nein. Die Referenzzeiträume für einen guten Zustand von Lebensräumen können durch die Mitgliedstaaten flexibel anhand der vorhandenen Daten festgelegt werden. Die Orientierung am Zustand vor 70 Jahren ist nicht verpflichtend, da die Verluste der biologischen Vielfalt in den letzten 70 Jahren auch meist nicht dokumentiert sind. 

Müssen alle Barrieren in Flüssen entfernt werden?

Bezug: Artikel 9

Nein. Primär sollen Barrieren beseitigt werden, die nicht mehr gebraucht werden. Auf Grundlage eines Inventars, das die Mitgliedstaaten erstellen, sollen obsolete Barrieren beseitigt werden, die nicht mehr für die Energieerzeugung, Schifffahrt, Wasserversorgung oder den Hochwasserschutz benötigt werden. Mit der Wiederherstellung des guten ökologischen Zustands der Gewässer und der Konnektivität von Flüssen und Auen wird auch der natürliche Wasserrückhalt unterstützt. Ziel ist, europaweit 25.000 Kilometer Flüsse und Auen zu renaturieren. 

Bedeutet Wiederherstellung, dass Landwirtschaftsflächen aus der Nutzung genommen und in Wildnis überführt werden?

Bezug: Artikel 11

Nein. Auch in der genutzten Landschaft können vor allem durch die Wiederherstellung eines naturnahen Wasser- und Nährstoffhaushaltes, produktionsintergierte, biodiversitätsfördernde Maßnahmen, eine Erhöhung der Strukturvielfalt sowie eine maßvolle Reduzierung von Pestiziden und Düngemitteln deutliche Erfolge erzielt werden. Somit können auch Flächen mit Wiederherstellungsmaßnahmen weiterhin genutzt werden. Besonders die verbleibenden extensiv genutzten Standorte müssen weiterhin bewirtschaftet werden, um ihre einzigartige Biodiversität zu fördern und zu erhalten. Landwirtschaftliche Betriebe können durch die Nutzung etablierter Förderinstrumente aktiv zur ökologischen Verbesserung beitragen.

Gefährdet das Nature Restoration Law die Ernährungssicherheit in der EU?

Bezug: Artikel 10 und 11 

Nein. Die Verordnung benennt ganz im Gegenteil in Artikel 1 explizit das Ziel, zur Verbesserung der Ernährungssicherheit beizutragen. Zudem enthält das Gesetz eine Notfallregelung, die es ermöglicht, die Ziele für landwirtschaftliche Ökosysteme temporär anzupassen. Damit soll auch unter außergewöhnlichen Umständen die Verfügbarkeit von Flächen erhalten bleiben, die für eine ausreichende landwirtschaftliche Erzeugung für den Lebensmittelverbrauch in der Union erforderlich sind. 

Die größten Risiken für die Ernährungssicherheit gehen aktuell jedoch vom Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt aus. Wichtige Ökosystemleistungen wie die Bestäubung von Pflanzen, biologische Schädlingsbekämpfung und Bodenschutz sind essentiell für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass intakte Ökosysteme die Nahrungsmittelproduktion langfristig stabilisieren und widerstandsfähiger gegen Klimaveränderungen machen. Die Verordnung hat das Potenzial, einen großen Beitrag zu nachhaltigen Ernährungssystemen zu leisten und die funktionelle Vielfalt in Agrarlandschaften zu erhöhen. Die vorgesehene Förderung bestäubender Insekten in der Agrarlandschaft trägt maßgeblich zur Sicherung der Ernährungssicherung und der Erträge bei.
 

Sind Landwirt*innen, die auf Moorböden wirtschaften, nun gezwungen diese wiederzuvernässen?

Bezug: Artikel 11, Absatz 4

Nein. In der Verordnung steht, dass die Wiedervernässung für Landwirt*innen und private Landbesitzer*innen weiterhin freiwillig ist. Als wirksame Maßnahme zum Klimaschutz sind die Ziele zur Wiedervernässung von Moorböden enthalten, die allerdings inhaltlich nicht über die Ziele der Nationalen Moorschutzstrategie und der Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Moorbodenschutz hinausgehen. Die Mitgliedstaaten sollen Anreize schaffen, um die Wiedervernässung zu einer attraktiven Option für Landwirt*innen und private Landbesitzer*innen zu machen. Wiedervernässte Flächen lassen sich beispielsweise weiterhin in Form von Paludikulturen landwirtschaftlich nutzen. Paludikultur („Paludus" = Sumpf; Moor) ist ein Verfahren zur nassen Bewirtschaftung von Mooren mit Torferhalt oder sogar Torfbildung.

Anreize für diese Art der Folgenutzung sind beispielsweise im Aktionsprogramm Natürlicher ⁠Klimaschutz⁠ und in der Nationalen Moorschutzstrategie vorgesehen. Durch eine Bewirtschaftung in Paludikultur werden Moorökosysteme bei gleichzeitiger Nutzung wiederhergestellt und, die Treibhausgasemissionen werden zugleich deutlich reduziert. Dabei eignet sich beispielsweise der Anbau von Schilf, Rohrkolben und Seggen in Paludikultur zur Produktion von Dämm- und Baustoffen. Aber auch die Beweidung durch Wasserbüffel oder die Anlage von Freiflächen-Photovoltaikanlagen ist möglich. Um die Ziele der Verordnung zu erreichen, können auch Flächen, die zum Torfabbau genutzt wurden, wiedervernässt werden. 

Können Wälder weiter bewirtschaftet werden?

Bezug: Artikel 12

Ja. Denn Wiederherstellung schließt eine forstwirtschaftliche Nutzung nicht aus. Es sollen Maßnahmen ergriffen werden, die die Biodiversität in Wäldern erhöhen: das können durchaus biodiversitäts- und klimaschutzfördernde Maßnahmen im Rahmen der Waldbewirtschaftung sein. Die als Anhang zur Verordnung bestehende Beispielliste für Wiederherstellungsmaßnahmen schlägt beispielsweise als produktionsintegrierte Maßnahme vor, die Strukturvielfalt in Wäldern zu erhöhen – zum Beispiel indem man einige alte Bäume als „Habitatbäume“ erhält. Eine an der Naturnähe ausgerichtete Waldbewirtschaftung steht gleichermaßen für mehr Klima- und Biodiversitätsschutz und erhöht die Resilienz von Wäldern im Klimawandel.

Gibt es Unterstützung in der Gesellschaft für die Wiederherstellungs-Verordnung?

Folgende Initiativen unterstützen u.a. die Ziele der EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur:

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