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Bundesamt für Naturschutz

Ciconia ciconia - Weißstorch

Geschützt nach
Anhang I Vogelschutzrichtlinie
Artengruppierung
Vögel
Status Rote Liste Deutschland
(Ryslavy et al. 2020): V (Vorwarnliste)
Status Rote Liste Europa
(Bird Life International, 2021): LC (Nicht gefährdet)

Beschreibung

„Flaggschiffart“ der Niederungen

Weißstörche sind sehr große Schreitvögel mit langem Hals und langen Beinen. Ihr schwarz-weißes Gefieder in Kombination mit dem roten Schnabel und roten Beinen sind unverwechselbar. Die Spannweite liegt bei 180-218 cm (Svensson et al. 2011). Weißstörche sind stumm, zeigen am Brutplatz aber ein lautes, auffälliges Schnabelklappern.

Sie sind Allesfresser, ihre Hauptnahrung besteht aber aus Regenwürmern und Großinsekten sowie Mäusen. Die Nahrungssuche erfolgt zu Fuß auf Flächen mit kurzer oder lückenhafter Vegetation sowie im seichten Wasser.

Weißstörche besiedeln weite Teile der westlichen Paläarktis von der Iberischen Halbinsel und Nordwestafrika über Osteuropa und die Türkei bis zum westlichen Iran und etwas isoliert in Zentralasien. Ein vollständig getrenntes Vorkommen existiert zudem in Südafrika. In Europa sind sie abgesehen von Großbritannien und einigen nordischen Ländern in allen Staaten als Brutvogel verbreitet. Sowohl trockene als auch feuchte, nahrungsreiche Offenlandschaften werden besiedelt.

Verbreitung

Insbesondere im Norddeutschen Tiefland war die Art im 19. Jahrhundert sehr häufig und außerhalb der Mittelgebirge flächig verbreitet. Zum Anfang des 20. Jahrhunderts ging der Bestand jedoch vor allem aufgrund einer Verschlechterung der Lebensräume durch Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft mit Entwässerungen und Grünlandumbruch sowie Pestizideinsatz stark zurück. Regional wurden Arealverluste registriert. Diese Abnahme erstreckte sich bis zum Ende der 1950er-Jahre, vor allem in Westdeutschland sogar bis in die 1980er-Jahre. Durch Artenschutzprogramme mit Vernässungsprojekten konnte die negative Entwicklung jedoch gestoppt werden. In Westdeutschland kam es ab den 1990er-Jahren zu einem Bestandsanstieg, der mit einer Verkürzung der Zugwege und günstiger Nahrungssituation im Überwinterungsgebiet sowie z.T. ganzjährigen Zufütterungen in Verbindung gebracht wird. In den östlichen Bundesländern ist hingegen kein Bestandszuwachs zu verzeichnen, stattdessen sogar regionale Rückgänge. Das Hauptvorkommen im nahezu flächendeckend besiedelten Nordostdeutschen Tiefland umfasst heute etwa zwei Drittel des deutschen Gesamtbestandes. Die höchsten Dichten werden entlang der Elbtalaue, im Wendland, in der Altmark und der Prignitz sowie im Spreewald erreicht. Im Nordwestdeutschen Tiefland erstrecken sich die Vorkommen von der Schleswig-Holsteinischen Geest, entlang von Aller und Weser bis in die Flussmarschen im Elbe-Weser-Dreieck. In der Mittelgebirgsregion bildet die Oberrheinebene einen Schwerpunkt. Bedeutende Vorkommen des Weißstorchs finden sich außerdem in der Wetterau sowie in den Beckenlandschaften Mittelfrankens. Im nördlichen Alpenvorland ist der Weißstorch vom Hegau über Oberschwaben bis zum niederbayerischen Hügelland verbreitet, während der südliche Teil nahezu unbesiedelt ist.

Lebensraum

Brutgebiet

In Deutschland besiedeln Weißstörche bevorzugt naturnahe Niederungen mit hohem Grünlandanteil und hoch anstehendem Grundwasser. Während sich die Neststandorte heute ganz überwiegend in Siedlungen befinden, werden als Nahrungshabitate vielfältig strukturierte Niederungslandschaften mit offenen, vegetationsreichen Flach- und Seichtwasserbereichen oder kurzlebige und überdauernde Gewässer benötigt.

Zugweg und Überwinterungsgebiet

Die meisten Weißstörche sind ausgeprägte Zugvögel, die ihre Brutplätze zwischen Mitte August und Anfang September verlassen (Südbeck et al. 2005). Durch die hohe Anzahl beringter Jungvögel gehört der Weißstorch zu den Arten, bei denen sich die Zugwege mit den Ergebnissen der Vogelberingung dank einer großen Anzahl von Ablesungen und Wiederfunden am besten nachzeichnen lassen. In Deutschland brütende Weißstörche folgen überwiegend zwei verschiedenen Zugrouten. Eine Zugscheide zwischen West- und Ostziehern verläuft etwa vom Allgäu nordwärts zum Harz und von dort nach West-Nordwest bis ins Emsland. Die Route der Westzieher erstreckt sich in Richtung Südwest bis nach Westafrika, während die Ostzieher nach Südost in das östliche und südliche Afrika ziehen. Das Zugverhalten deutscher Weißstörche hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. So hat sich die Zugscheide seit den 1980er-Jahren offenbar ostwärts verschoben, sodass ein größerer Anteil nach Südwest abzieht. Darüber hinaus haben sich die Zugwege der Westzieher deutlich verkürzt. Viele dieser Vögel überwintern heute auf der Iberischen Halbinsel und ziehen nicht mehr bis in das westliche Afrika. Hinzu kommt ein steigender Anteil auch im Winter in Deutschland verbleibender Weißstörche, deutlich beeinflusst von ausgesetzten Vögeln und Winterfütterungen. Bei den Ostziehern zeigen Ringfunde, dass sich das Überwinterungsgebiet möglicherweise vom östlichen mehr in das südliche Afrika verlagert. Der Heimzug erfolgt von Anfang/Mitte März bis Ende Mai, im Süden und Westen Deutschlands mitunter bereits im Februar (Südbeck et al. 2005).

Fortpflanzung/Biologie

Erst im Alter von drei bis vier Jahren erreichen Weißstörche die Geschlechtsreife (Bauer et al. 2012). Als Freibrüter errichten sie ihre Nester hoch auf Gebäuden, v.a. Schornsteinen, Kirchtürmen und Nisthilfen sowie auf Laubbäumen innerhalb oder am Rand von Nahrungshabitaten im Offenland. Seltener werden Nester auf niedrigen Haufen oder am Boden gebaut. Neben Einzelbruten kommen auch kolonieartige Vorkommen vor. Weißstörche führen eine monogame Saisonehe, sind aufgrund ausgeprägter Nistplatztreue aber oft partnertreu. Durch die Wiederverwendung und den weiteren Ausbau können die Nester eine bemerkenswerte Höhe erreichen. Am Nestbau beteiligen sich beide Partner. Es findet eine Jahresbrut statt, Nachgelege kommen nur ausnahmsweise vor. Die meist 3-5 Eier werden vorwiegend im April gelegt und 33-34 Tage durch beide Partner bebrütet. Die Nestlingsdauer beträgt 55-60 Tage. Auch die Nahrungsbeschaffung, Füttern und Führen erfolgt durch beide Altvögel. Im Alter von etwa 90 Tagen sind die Jungvögel unabhängig (Südbeck et al. 2005).

Gefährdung

Die Intensivierung der Landwirtschaft, Entwässerungen sowie Landnutzungsänderungen gehören zu den größten Gefährdungen für den Weißstorch. Hinzu kommen Kollisionen mit Freileitungen und Verkehrsmitteln. Das Mortalitätsrisiko des Weißstorchs an Windenergieanlagen wird als „hoch“ eingeschätzt (Langgemach & Dürr 2022).

Schutz

Der Erhalt und die Wiederherstellung geeigneter, großflächiger Lebensräume sind von besonderer Bedeutung für den Weißstorch. Dazu gehören u.a. die Schaffung von Feuchtgrünland durch den Rückbau von Entwässerungsmaßnahmen, eine extensive Wiesennutzung und die Einschränkung des Pestizideinsatzes, um Nahrungshabitate zu verbessern und so einen ausreichenden Bruterfolg zu ermöglichen. Verluste an Strommasten und elektrischen Leitungen sind zu minimieren. Ein Angebot künstlicher Nisthilfen kann sich ebenfalls für die Bestände positiv auswirken.

Autor*in

Texte: Christopher König

Datenbereitstellung: Bettina Gerlach

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