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Bundesamt für Naturschutz

Signifikanzbewertung mittels probabilistischer Ansätze

Im Zuge der Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) ist es fachlich und rechtlich geboten, sich mit der Betroffenheit von kollisionsgefährdeten (Brut)vogelarten auseinanderzusetzen. Hierzu muss bewertet werden, ob eine signifikante bzw. deutliche Risikoerhöhung für die betroffenen Arten vorliegt. Ausschlaggebend für diese Prüfung ist das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

Für die fachliche Beurteilung, ob am geplanten Standort einer WEA ein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko besteht, sind für Brutvögel die Regelungen des § 45b BNatSchG einschlägig. Darüber hinaus werden derzeit die Anwendungsmöglichkeiten von Wahrscheinlichkeitsberechnungen (sog. probabilistische Ansätze) diskutiert, sowie deren Übertragung als Methode in Genehmigungsverfahren geprüft.

Neben den bereits etablierten oder gesetzlich verankerten naturschutzfachlichen Methoden zur Signifikanzbewertung bestehen aktuell Bestrebungen, im Artenschutz neuartige probabilistische Ansätze zu etablieren. Diese aus der Mathematik stammende Methode wird zu Prognosezwecken und für Risikoanalysen genutzt, um abschätzen zu können, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ereignis eintritt. 

Die Übertragung von komplexem und dynamischem Naturgeschehen in mathematische Modelle ist keine simple Aufgabe. Für die probabilistische Berechnung müssen eine Vielzahl an Variablen berücksichtigt werden. Dies setzt das Vorhandensein umfangreicher Eingangsdaten voraus. Das sind einerseits artspezifische Parameter, wie zum Beispiel das Flugverhalten, die Anwesenheit im Jahr, das Ausweichvermögen oder die Fluggeschwindigkeit. Auch Annahmen über die Wahrscheinlichkeit eines unbeschadeten Durchflugs durch die sich drehenden Rotoren werden mit einbezogen. Andererseits sind auch Habitatparameter und spezifische Kenngrößen der WEA von Bedeutung (wie z. B.  Anlagengröße). Diese aus Daten hergeleiteten oder angenommenen Parametern fließen in Modellierungen ein. 

Um das ermittelte Ergebnis hinsichtlich einer etwaigen deutlichen Gefährdungszunahme bewerten zu können, bedarf es eines entsprechenden Schwellenwertes, der besagt bis zu welchem Wert das Risiko, hinnehmbar ist. Hinsichtlich der Abstimmung auf einen, auch mit den naturschutzfachlichen Regelungen, vereinbaren Zahlenwert für die tolerable Risikoerhöhung bestehen derzeit noch methodische Herausforderungen. 

Für eine Einschätzung der Praxistauglichkeit sowie der Prognosesicherheit bedarf es noch weiterer Erfahrungswerte und vergleichender Analysen. In die Überlegungen zur Anwendbarkeit der Probabilistik sind zudem Schutzmaßnahmen, welche bei Schwellenwertüberschreitung geboten sind, zu integrieren. Mathematisch nicht anrechenbare, jedoch risikoerhöhende Umstände, wie etwa Anlockeffekte durch Mahdereignisse im Umfeld der WEA, müssten andernfalls weiterhin in Form entsprechender Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Auch die Artspezifika, wie etwa Seltenheit oder Gefährdungszustand der betroffenen Arten, sind prinzipiell zu beachten.

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