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Bundesamt für Naturschutz

Caldesia parnassifolia - Herzlöffel

Geschützt nach
Anhang II FFH-Richtlinie
Anhang IV FFH-Richtlinie
EU-Code
1832
Artengruppierung
Farn- und Blütenpflanzen
Synonyme
Alisma parnassifolium, Alisma dubium, Echinodorus parnassifolius, Caldesie, Herzblatt-Froschlöffel
Status Rote Liste Deutschland
(Metzing et al. 2018): 1 (Vom Aussterben bedroht)
Status Rote Liste Europa
(Bilz et al. 2011): NT (Vorwarnliste)
Verantwortlichkeit
(Metzing et al. 2018): In hohem Maße verantwortlich

Beschreibung

Ein Unikat mit Herz

Das Vorkommen des europaweit sehr seltenen Herzlöffels ist in Deutschland heute nur mehr auf einen bayerischen Fischteich beschränkt. Durch diese extreme Seltenheit ist der Herzlöffel in der deutschen Roten Liste als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Der Herzlöffel ist eine mehrjährige, aufrechte Wasserpflanze, die einen rispenförmigen Blütenstand und die namensgebenden herzförmigen Schwimmblätter ausbildet. Die Blüte besteht aus drei unscheinbaren und drei großen, weißen Blütenblättern. In Teichen besiedelt die Art den Schlammboden im dauerfeuchten Uferbereich und niedrigem Wasser oder sie besiedelt Schlenken in einem Schwingrasen. Hier ist der Herzlöffel meist in kleinen Gruppen zwischen anderen Wasser- und Sumpfgewächsen zu finden.

Lebensraum

Die Hauptverbreitung der Art liegt in Süd- und Südostasien. Das einzige aktuelle deutsche Vorkommen des Herzlöffels befindet sich in einem Fischteich im Naturschutzgebiet „Charlottenhofer Weihergebiet“ (Oberpfalz/Bayern). Das Naturschutzgebiet umfasst 833 ha und befindet sich 40 km nördlich von Regensburg. In diesem ehemals mit Erlen und Birken bewachsenen Sumpfgebiet entstand im Mittelalter eine Teichkultur und später auch Torfnutzung, aus der die heutigen zahlreichen kleinen Teiche hervorgingen (Roauer 2007, Weiß & Poschlod 2009). Die Gegend ist durch kontinentalen Einfluss und den Windschatten der Fränkischen Alb etwas wärmer und niederschlagsärmer als angrenzende Gebiete. In dem erwähnten Teich besiedelt der Herzlöffel den Schlammboden im dauerfeuchten Uferbereich bzw. im niedrigen Wasser entlang des Teichufers oder Schlenken in einem Schwingrasen. Die Art tritt meist gesellig in kleinen Gruppen auf und ist bis in 70 cm Wassertiefe zwischen anderen Wasser- und Sumpfgewächsen zu finden (Roauer & Poschlod 2007).

Fortpflanzung/Biologie

Ökologie der Art

Der Herzlöffel gilt als Überbleibsel aus dem wesentlich wärmeren und feuchteren Tertiär vor 65-3 Millionen Jahren (Käsermann 1999). Er kommt in wärmebegünstigten Tieflagen bis 500 m Höhe im Röhricht von mittel-nährstoffreichen, stehenden Gewässern, an Weihern, Altwassern, in flachen Buchten und auf Schlammböden vor (Casper & Krausch 1980, Oberdorfer 2001). Sein optimales Wachstum erreicht er in 20-40 cm tiefem Wasser. Tieferes Wasser oder ein Standort an Land resultieren in einem Ausbleiben von Blüten oder verkleinerten Blütenständen (Glück 1905, Kirchner et al. 1908). Die isolierten europäischen Vorkommen der Art lassen eine Ausbreitung durch Vögel vermuten. Das Vorkommen des Schwingrasens weist auf einen permanenten Aufstau oder nur kurze Trockenperioden (Sömmerung, Winterung) im Weiher hin. Diese Charakteristik scheint auch für den Herzlöffel vorteilhaft zu sein.

Beschreibung des Lebenszyklus im Zusammenhang mit Landnutzungsaktivitäten

Der Herzlöffel blüht zwischen Juli und September. Allerdings kommt es nur in sehr warmen Sommern (22°C Wassertemperatur, 25-30°C Lufttemperatur) zu Blütenbildung und Samenreife. Die Bestäubung dieser Wasserpflanze erfolgt zwar hauptsächlich durch tierische Bestäuber, wie etwa Schwebfliegen und Bienen, allerdings kann sie sich auch selbst bestäuben. Je Exemplar sind ca. 22 Blüten mit 1-4 Samen pro Blüte zu finden. Die reifen Samen sind ballonartig gestaltet. Dadurch sind sie sehr gut schwimmfähig und an die Ausbreitung durch Wasser angepasst. Die reifen Früchte fallen von der Mutterpflanze ab und können bis zu 17 Tage auf der Wasseroberfläche schwimmen, bis sie vollgesogen auf den Grund sinken (Weiß & Poschlod 2009). Hier beginnen sie ohne Wurzelbildung zu keimen und steigen dadurch wieder auf. Durch die Strömung und anhaftend an das Gefieder von Wasservögeln kann die Art ausgebreitet werden. Ab einer bestimmten Keimlingsgröße sinkt dieser wieder auf den Grund ab und bildet nun Wurzeln. 

Der Herzlöffel kann sich auch durch Überwinterungsknospen vermehren, die ab August an speziellen Stängeln unter Wasser gebildet werden. Diese fallen im Herbst von der Pflanze ab, überwintern im Schlammboden und bilden im Frühjahr neue Pflanzen, die nach 5 Monaten blühen können. Die 2 cm langen, 0,5 cm breiten und bis zu 52 Tage schwimmfähigen Überwinterungsknospen können zusätzlich durch Wasserströmung oder -vögel ausgebreitet werden. Sie benötigen eine Kälteperiode (Stratifikation), damit die typischen Blätter ausgebildet werden (Weiß & Poschlod 2009). Bei fehlender Stratifikation werden nur linealische Blätter ausgebildet. Im Herbst sterben sämtliche Pflanzenteile bis auf die Wurzeln ab. Aus dem verbleibenden Wurzeltrieb treibt im Frühjahr erneut eine Pflanze aus. 

In Versuchen an der Universität Regensburg konnten fast nur Überwinterungsknospen zur Keimung gebracht werden. Samen wiesen eine äußerst geringe Keimfähigkeit auf und es konnten keine keimfähigen Samen im Schlammboden der Teiche nachgewiesen werden (Roauer 2007, Weiß & Poschlod 2009). Bei zu hohem Fischbesatz reagieren sowohl Jungpflanzen als auch etablierte Pflanzen empfindlich. Dabei kann zum einen die Wühltätigkeit der Fische aber auch der hohe Nährstoffeintrag zu einem Absterben der Pflanzen führen.

Lokale Population

Abgrenzung der lokalen Population

In Deutschland findet man nur noch ein einziges Vorkommen des Herzlöffels in einem Weiher im Charlottenhofer Weihergebiet bei Schwandorf. Dieses Vorkommen gilt als eine lokale Population.

Gefährdung

In den letzten 150 Jahren sind die meisten europäischen Fundorte des Herzlöffels erloschen, ohne dass konkrete Ursachen dafür bekannt sind. Auch in Deutschland sind bis auf ein Vorkommen in Bayern alle Wuchsorte verschwunden. Eindeutige Gründe für eine Gefährdung liegen laut einer kürzlich durchgeführten Studie der Universität Regensburg nicht vor (Roauer 2007, Weiß & Poschlod 2009). Der Herzlöffel ist hauptsächlich durch seine Seltenheit und Sensibilität gegenüber Lebensraumveränderungen gefährdet. Diese Lebensraumveränderungen können aus folgenden Nutzungen resultieren:

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

  • Nährstoffeintrag aus angrenzenden Feldern oder Gewässern
  • Beschattung durch angrenzende Gehölze und Bäume
  • Starke Störung der Pflanzen durch Fischzucht (hoher Fischbesatz, starke Zufütterung, Mähen des Ufers)

Sonstige

  • Gewässerverschmutzung durch Camping, Gewässereinleitungen
  • Störungen durch Botaniker, Wanderer und Tourismus
  • Nur eine letzte heimische (autochthone) Population vorhanden

Erhaltungsmaßnahmen

Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der lokalen Population des Herzlöffels

Nutzungsbedingte Beeinträchtigungen des Lebensraums des Herzlöffels gehen vor allem von der Fischereiwirtschaft aus. Aber auch Land- und Forstwirtschaft können die Vorkommen des Herzlöffels in geringerem Maße beeinträchtigen. Um Beeinträchtigungen durch Bewirtschaftung zu verhindern bzw. zu minimieren, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Landwirtschaft

  • Vermeidung von Nährstoffeinträgen aus angrenzenden Feldern und Gewässern

Forstwirtschaft

  • Auslichten von Gehölzen, um warme Standortbedingungen zu schaffen/zu erhalten

Fischereiwirtschaft

  • Naturnahe und angepasste Fischzucht
  • Vermeidung eines hohen Fischbesatzes, keine Zufütterung
  • Jegliche Trockenlegung des Gewässers vermeiden

Allgemein gilt

  • Auf Gewässerverschmutzungen und Störungen jeglicher Art verzichten

Sonstige Maßnahmen

  • Das letzte Vorkommen des Herzlöffels unterliegt einer kontinuierlichen und jährlichen Überwachung. Alle zwei Jahre werden im Rahmen eines Artenhilfsprogramms Bestandsveränderungen und potenzielle Gefährdungsursachen dokumentiert
  • Da ähnliche gute Standortbedingungen in den angrenzenden Weihern vorliegen (Roauer 2007), wurden dort Wiederansiedlungen durchgeführt (Weiß 2008). Diese Wiederansiedlungen (Ausbringung von vegetativ gebildeten Überwinterungsknospen, sog. Turionen) waren nicht erfolgreich (Weiß unveröff., im Auftrag der Regierung der Oberpfalz). Die Ursache hierfür ist unbekannt, eine veränderte Wasserqualität, zu hoher oder anderer Fischbesatz, werden als Ursache vermutet
  • Neuansiedlung von Beständen durch Auspflanzung im Vorkommensgebiet, eventuell auch an ehemaligen Wuchsorten außerhalb des Charlottenhofer Weihergebiets (siehe Verbreitungskarte in Weiß & Poschlod 2009). Vorgehensweise über Pflanzenanzucht unter kontrollierten Bedingungen
  • Der Weiher ist zurzeit von einem Naturschutzverein gepachtet
  • Erhaltungskulturen im Botanischen Garten der Universität Regensburg wurden angelegt, um einen dauerhaften Erhalt dieser Art gewährleisten zu können

Erhaltungszustand

  • Kontinentale Region: ungünstig - schlecht

Programme und Projekte

Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen und Umsetzung von Managementplänen

  • Internetseite des BfN zu Finanzierungsoptionen von Maßnahmen im Rahmen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie.
  • Internetseite der Europäischen Union zur Förderung des Umwelt- und Naturschutzes und von entsprechenden Projekten.
  • Förderwegweiser des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)
  • Förderwegweiser von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV): Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA). 

Projekte im Internet

  • Kontinuierliche und jährliche Überwachung im Rahmen eines Artenhilfsprogramms des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Dokumentation von Bestandsveränderungen und potenzielle Gefährdungsursachen.

Autor*in

Kontaktinformationen für weitere Auskünfte und Hilfestellungen

Für weitere Hinweise zur Art und Hilfestellungen für die Bewirtschaftung der Lebensräume wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Naturschutzbehörde in Ihrer Region.

Experten

Prof. Dr. Peter Poschlod
Universität Regensburg
Lehrstuhl für Botanik
93040 Regensburg

Autoren

Steffen Heelemann, Peter Poschlod

Unter Mitarbeit von

Christina Meindl

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